Was passiert, wenn ich wegen Eis und Schnee zu spät komme?

Der Winter steht vor der Türe. Ob dieses Jahr mit Eis– und Schneechaos zu rech-nen ist, bleibt abzuwarten. In der Winterzeit stellt sich immer wieder die Frage was passiert, wenn der Arbeitnehmer wegen Eis und Schnee zu spät zur Arbeit er-scheint.

Eisglätte und starker Schneefall sorgen häufig für ein winterliches Verkehrschaos auf Deutschlands Straßen. Eisglätte und Schneeverwehungen verursachen Unfäl-le, die wiederum durch kilometerlange Staus den Straßenverkehr zum Erliegen bringen. Befindet man sich als Arbeitnehmer in einem solchen Stau, ist häufig ab-sehbar, dass man nicht pünktlich zum Arbeitsbeginn am Arbeitsplatz erscheinen wird. Dann stellt sich dem Arbeitnehmer die Frage, ob er trotz der Verspätung An-spruch auf seinen Lohn hat, ob er eventuell die versäumte Zeit nacharbeiten muss und ob der Arbeitgeber ggf. sogar eine Abmahnung aussprechen darf.

Grundsätzlich gilt im deutschen Arbeitsrecht der Grundsatz, dass das sogenannte Wegerisiko der Arbeitnehmer trägt. Bei einem witterungsbedingten Zuspätkommen wird sogar von einem Verschulden des Arbeitnehmers ausgegangen, da dieser in der Winterzeit damit rechnen muss, dass es witterungsbedingt zu verkehrsbeding-ten Beeinträchtigungen kommt und er deshalb bei der Kalkulierung seiner Fahrtzeit einen entsprechenden Sicherheitszuschlag mit einplanen muss. Kommt der Arbeit-nehmer also witterungsbedingt zu spät zur Arbeit, so hat der Arbeitgeber die Mög-lichkeit, den Lohn für die nicht gearbeitete Zeit einzubehalten.

Hiervon bietet § 616 Abs. 1 BGB eine Ausnahme für den Fall, dass ein in seiner Person liegender Grund den Arbeitnehmer ohne sein Verschulden kurzfristig daran hindert, seine Arbeitsleistung zu erfüllen. Ein solcher Grund ist beispielsweise ein Verkehrsunfall auf seinem Arbeitsweg, der zu einer Verspätung führt. Auch ein To-desfall im engsten Familienkreis stellt einen solchen Ausnahmefall dar. In solch einer Ausnahme verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung nicht.
Kommt der Arbeitnehmer allerdings wegen schlechten Wetters zu spät zur Arbeit, so ist dies kein Ausnahmefall im Sinne der vorbenannten Vorschrift und der Arbeit-nehmer verliert seinen Anspruch auf Lohn. Dies hatte das Bundesarbeitsgericht bereits 1982 so entschieden (AZ: 5 AZR 283/80). Im dortigen Fall hatten heftige Schneefälle mit Schneeverwehungen Straßensperrungen verursacht, sodass der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheinen konnte. Sein Arbeitgeber hatte ihm ange-boten, die ausgefallene Zeit nachzuarbeiten oder Urlaub zu nehmen, was der Ar-beitnehmer jedoch abgelehnt hatte. Das Bundesarbeitsgericht argumentierte, dass die Witterung sämtliche Menschen in der Region betroffen habe und damit kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Hinderungsgrund vorgelegen habe. Die vorbenannte Ausnahmeregelung griff daher nicht.

Es ist also festzuhalten, dass der Arbeitgeber vorbehaltlich etwaiger abweichender tarifvertraglicher Regelungen bei Verspätungen den Lohn für nicht gearbeitete Zei-ten einbehalten kann.

Daran anschließend stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber verlangen kann, dass eine solche Verspätung nachgearbeitet werden muss. Dies kann er sicherlich nicht für den gleichen Tag verlangen, Arbeitnehmer haben häufig entsprechende Ver-pflichtungen, die nicht so kurzfristig verschoben werden können. Schließlich muss beispielsweise ein Kind aus dem Kindergarten pünktlich abgeholt werden. Hier kann nicht noch verspätete Arbeitszeit nachgeholt werden.

Eine Abmahnung für ein witterungsbedingtes Zuspätkommen wäre dem Arbeitge-ber zwar grundsätzlich möglich, allerdings ist dies nur in extremen Ausnahmefällen zulässig. Dies etwa dann, wenn ein Arbeitnehmer an mehreren aufeinanderfolgen Tagen ohne Absprache jeweils mehrere Stunden zu spät kommt und dies jedes Mal wieder mit einem Wintereinbruch rechtfertigt. Hier hätte der Arbeitnehmer bei wie-derholten witterungsbedingten Problemen entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, um rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen.
Wir hoffen, dass Sie gut durch den Winter kommen und wüschen Ihnen einen si-cheren und stressfreien Arbeitsweg für die anstehende Winterzeit.